Falschfarben als Seh-Hilfe

Wie uns eine unnatürliche Farbgebung beim Sehen hilft.
Autor
Walter Pfefferle
Veröffentlicht
13/10/2023
Lesezeit
2 min
Kategorie
Kunst und Wissenschaft
Der Mensch - ein Trichromat

Wir Menschen können Farben sehen, wir sind sogenannte Trichromate; das heißt, dass wir in unseren Augen 3 verschiedene Farbzäpfchen in der Netzhaut haben, die für Licht in den Bereichen Rot, Grün und Blau empfindlich sind.

Dies führt dazu, dass wir unsere Umwelt farbig wahrnehmen können. Mit allen Übergängen, da die Rezeptoren insgesamt ein breites Feld abdecken und durch verschiedene Verrechnungsmechanismen im Gehirn auch kleine Farbunterschiede herausgearbeitet werden. So können wir den Regenbogen in seiner vollen Schönheit wahrnehmen.

Dieses Farbensehen hilft uns, sehr gut in unserer Umwelt zurechtzukommen.

Wir können Genießbares identifizieren, wissen um Warnfarben, können uns tarnen, und wir können Farben als Kommunikationsmittel nutzen, sei es um uns als besonders attraktiv dazustellen, unseren Status zu zeigen oder Befindlichkeit anderer zu verstehen bzw. die eigene zu übermitteln.

Farben rufen Gefühlserregungen hervor

Die Wahrnehmung von Farben ist somit ein weites Feld; wir sehen, dass Farben dem Empfangen und Senden von Informationen dienen, und wir erkennen, dass mit Farben Emotionen transportiert bzw. ausgelöst werden.

Wissenschaftler haben mit großer Akribie nachgewiesen, dass unterschiedliche Bild-Farbkombinationen unterschiedliche Gemütserregungen verursachen.

So zeigen Koenderink und KollegInnen, dass bestimmten Farbkombinationen jeweilige Wortwolken zugeordnet werden konnten.

(Affective Responses to Image Color Combinations; Koenderink et al. 2021, Art and Perception XX (2021) 1–60).

Was passiert nun, wenn wir unerwartete Farben bewusst einsetzen?

Hier am Beispiel eines Fotos der Techno-Gruppe MSCHKNSM (Straßenfest Gießen):

Das originale Schwarz-Weiß Foto zeigt das Erwartbare.

Beim Falschfarben-kolorierten Foto wird zusätzlich noch die Wirkung der Musik übermittelt, die Farbgebung lässt den Betrachtenden die Fluidität der Musik fühlen.

Ein ähnliches Sinneserlebnis hier mit einem Saxophon-Spieler an den Ufern des Tibers:

Erst die Kolorierung gibt einen Hinweis darauf, wie sich beim Einsetzen seines Spiels die Atmosphäre schlagartig änderte und die Welt um ihn herum förmlich in Brand gesetzt wurde.

Eine wiederum andere Sinnes-Erfahrung hält das Bild „The big promise“ bereit.

Die ikonografischen Bilder mit ihren großen Verheißungen in der jeweiligen Welt werden durch die Fehlfarben mit einem dystopischen Fragezeichen versehen:

Somit helfen uns die Falschfarben, Dinge in den Bildern zu sehen, die wir bei den ursprünglichen Bildern nicht ohne Weiteres wahrgenommen hätten.

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